Case number | CAC-ADREU-006504 |
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Time of filing | 2013-08-21 19:32:00 |
Domain names | koctas.eu |
Case administrator
Lada Válková (Case admin) |
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Complainant
Organization | KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S. (KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S.) |
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Respondent
Name | Markus Jank |
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Machen Sie Angaben zu anderen anhängigen bzw. bereits entschiedenen rechtlichen Verfahren, von denen die Schiedskommission weiß, insoweit die streitigen Domainnamen betroffen sind
Der Schiedskommission sind keine anderen anhängigen bzw. bereits entschiedenen Verfahren bekannt, die den streitigen Domainnamen betreffen.
Sachlage
Der Beschwerdeführer ist nach eigener Darstellung ein Joint Venture zwischen (i) Koc Holding als einem der größten Unternehmen der Türkei und (ii) der Kingfisher-Gruppe als einer europaweit führenden Baumarkt-Kette. Die Hauptverwaltung der Kingfisher-Gruppe hat ihren Sitz in der Europäischen Union, der Beschwerdeführer selbst ist dagegen ein türkisches Unternehmen mit Sitz in Istanbul. Die Türkei ist kein Mitgliedstaat der Europäischen Union.
Der Beschwerdeführer war bis 1996 als Großhändler im Baustoff-Bereich tätig, seither auch im Baumarkt-Einzelhandel. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst als "wichtiger Akteur im türkischen DIY-Markt" mit insgesamt 30 Filialen in 18 Provinzen der Türkei. Die Gesamtverkaufsfläche des Beschwerdeführers stieg in den letzten Jahren von 24.000 m2 in 2010 auf derzeit 160.000 m2. Im gleichen Zeitraum wuchs der Umsatz des Beschwerdeführers um 21% und die Anzahl der Kunden pro Jahr um 14% auf derzeit 8,8 Millionen. Nach Darstellung des Beschwerdeführers genießt die Marke "KOCTAS" aufgrund der großen geographischen Abdeckung und der intensiven Werbung des Beschwerdeführers in der Türkei eine Markenbekanntheit von 99%. Der Beschwerdeführer hat zudem den Ausdruck einer Veröffentlichung in türkischer Sprache vorgelegt, in der das Zeichen "KOCTAS" offenbar als eine "Superbrand" der Türkei bezeichnet wird (neben 116 weiteren Zeichen von "Acıbadem Grup" bis "Yeni Rakı").
Der Beschwerdeführer betreibt unter den Adressen www.koctaskurumsal.com.tr und www.koctas.com.tr Webseiten, auf denen das Zeichen "KOCTAS" prominent verwendet wird. Nach Darstellung des Beschwerdeführers erhielten diese Webseiten im Jahr 2010 fünf Millionen "Besucher" (wobei nicht ganz klar wird, ob es sich hierbei um unique visitors handelt) und vermittelten 30.000 Verkäufe. Die "generische" Domain koctas.com ist ebenfalls im Namen des Beschwerdeführers registriert, wird von ihm aber lediglich für eine automatische Weiterleitung auf die türkische Adresse www.koctas.com.tr verwendet.
Der Beschwerdegegner nutzt den streitigen Domainnamen für eine Website, auf der "pay-per-click"-Werbung Dritter angezeigt wird.
Der Beschwerdeführer war bis 1996 als Großhändler im Baustoff-Bereich tätig, seither auch im Baumarkt-Einzelhandel. Der Beschwerdeführer bezeichnet sich selbst als "wichtiger Akteur im türkischen DIY-Markt" mit insgesamt 30 Filialen in 18 Provinzen der Türkei. Die Gesamtverkaufsfläche des Beschwerdeführers stieg in den letzten Jahren von 24.000 m2 in 2010 auf derzeit 160.000 m2. Im gleichen Zeitraum wuchs der Umsatz des Beschwerdeführers um 21% und die Anzahl der Kunden pro Jahr um 14% auf derzeit 8,8 Millionen. Nach Darstellung des Beschwerdeführers genießt die Marke "KOCTAS" aufgrund der großen geographischen Abdeckung und der intensiven Werbung des Beschwerdeführers in der Türkei eine Markenbekanntheit von 99%. Der Beschwerdeführer hat zudem den Ausdruck einer Veröffentlichung in türkischer Sprache vorgelegt, in der das Zeichen "KOCTAS" offenbar als eine "Superbrand" der Türkei bezeichnet wird (neben 116 weiteren Zeichen von "Acıbadem Grup" bis "Yeni Rakı").
Der Beschwerdeführer betreibt unter den Adressen www.koctaskurumsal.com.tr und www.koctas.com.tr Webseiten, auf denen das Zeichen "KOCTAS" prominent verwendet wird. Nach Darstellung des Beschwerdeführers erhielten diese Webseiten im Jahr 2010 fünf Millionen "Besucher" (wobei nicht ganz klar wird, ob es sich hierbei um unique visitors handelt) und vermittelten 30.000 Verkäufe. Die "generische" Domain koctas.com ist ebenfalls im Namen des Beschwerdeführers registriert, wird von ihm aber lediglich für eine automatische Weiterleitung auf die türkische Adresse www.koctas.com.tr verwendet.
Der Beschwerdegegner nutzt den streitigen Domainnamen für eine Website, auf der "pay-per-click"-Werbung Dritter angezeigt wird.
A. Beschwerdeführer
Der Beschwerdeführer trägt vor, dass der streitige Domainname mit dem Namen "KOCTAS" identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, und dass für diesen Namen Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder nach Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind.
Der Beschwerdeführer beruft sich dabei auf eine Vielzahl von nationalen türkischen Marken, die im Namen des Beschwerdeführers registriert sind und das Zeichen "KOCTAS" enthalten, insbesondere die vom Türkischen Patentamt am 26 Oktober 1998 unter der Nummer 203002 registrierte Marke "KOCTAS". Der Beschwerdeführer beruft sich weiter darauf, dass er das Zeichen "KOCTAS" in der Türkei als Handelsname, Geschäftsbezeichnung sowie als Bestandteil seines Unternehmensnamens "KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S." verwendet.
Weiter trägt der Beschwerdeführer mit weiteren Ausführungen im Detail vor, dass (i) der Beschwerdegegner selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen geltend machen kann und (ii) der streitige Domainname in böser Absicht registriert wurde und benutzt wird.
Nach einer Aufforderung durch die Schiedskommission gemäß Abschnitt B.8 der Regeln für die Alternative Streitbeilegung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten („ADR-Regeln“) hat der Beschwerdeführer ergänzend dazu vorgetragen, inwieweit INNERHALB DER EUROPÄISCHEN UNION Rechte des Beschwerdeführers bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind. Eingetragene Marken mit Schutz in der Union bestehen insoweit nicht. Der Beschwerdeführer beruft sich jedoch aufgrund seiner Bekanntheit in der Türkei auf eine nicht eingetragene Marke bzw. einen nicht eingetragenen Handelsnamen, der nach der Pariser Verbandsübereinkunft auch in der Europäischen Union Schutz genießt.
Weiter beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die Kingfisher plc als einer seiner Gesellschafter (i) in der EU ansässig ist und (ii) im Rahmen seiner Unternehmenspräsentation unter www.kingfisher.com u.a. darüber informiert, dass Kingfisher in der Türkei unter der Marke "KOCTAS" am Markt auftritt (neben den Marken "castorama" für Frankreich, Polen und Russland, "B&Q" für das Vereinigte Königreich, Irland und China, "BRICO DEPOT" (auch) für Frankreich sowie "Screw Fix" (auch) für das Vereinigte Königreich).
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die verschiedenen o.g. Unternehmen der Kingfisher-Gruppe für ihre gemeinsam vertriebenen Produkte einheitliche Verpackungen, Gebrauchsanweisungen etc. verwenden, so dass auf diese Weise auch die Verbraucher innerhalb der Europäischen Union unter dem Kürzel "TR" (als Abkürzung für "Türkei" bzw. "türkisch") darüber informiert werden, dass das für die Türkei zuständige Unternehmen die "KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S." ist (neben ebenfalls vorhandenen entsprechenden Informationen für die übrigen Landesgesellschaften der Kingfisher-Gruppe unter Kürzeln wie "GB", "IE","FR","PL","RUS" oder "ES", jeweils in der für das entsprechende Land relevanten Landessprache).
Der Beschwerdeführer beruft sich dabei auf eine Vielzahl von nationalen türkischen Marken, die im Namen des Beschwerdeführers registriert sind und das Zeichen "KOCTAS" enthalten, insbesondere die vom Türkischen Patentamt am 26 Oktober 1998 unter der Nummer 203002 registrierte Marke "KOCTAS". Der Beschwerdeführer beruft sich weiter darauf, dass er das Zeichen "KOCTAS" in der Türkei als Handelsname, Geschäftsbezeichnung sowie als Bestandteil seines Unternehmensnamens "KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S." verwendet.
Weiter trägt der Beschwerdeführer mit weiteren Ausführungen im Detail vor, dass (i) der Beschwerdegegner selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen geltend machen kann und (ii) der streitige Domainname in böser Absicht registriert wurde und benutzt wird.
Nach einer Aufforderung durch die Schiedskommission gemäß Abschnitt B.8 der Regeln für die Alternative Streitbeilegung in .eu-Domainnamenstreitigkeiten („ADR-Regeln“) hat der Beschwerdeführer ergänzend dazu vorgetragen, inwieweit INNERHALB DER EUROPÄISCHEN UNION Rechte des Beschwerdeführers bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind. Eingetragene Marken mit Schutz in der Union bestehen insoweit nicht. Der Beschwerdeführer beruft sich jedoch aufgrund seiner Bekanntheit in der Türkei auf eine nicht eingetragene Marke bzw. einen nicht eingetragenen Handelsnamen, der nach der Pariser Verbandsübereinkunft auch in der Europäischen Union Schutz genießt.
Weiter beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die Kingfisher plc als einer seiner Gesellschafter (i) in der EU ansässig ist und (ii) im Rahmen seiner Unternehmenspräsentation unter www.kingfisher.com u.a. darüber informiert, dass Kingfisher in der Türkei unter der Marke "KOCTAS" am Markt auftritt (neben den Marken "castorama" für Frankreich, Polen und Russland, "B&Q" für das Vereinigte Königreich, Irland und China, "BRICO DEPOT" (auch) für Frankreich sowie "Screw Fix" (auch) für das Vereinigte Königreich).
Schließlich beruft sich der Beschwerdeführer darauf, dass die verschiedenen o.g. Unternehmen der Kingfisher-Gruppe für ihre gemeinsam vertriebenen Produkte einheitliche Verpackungen, Gebrauchsanweisungen etc. verwenden, so dass auf diese Weise auch die Verbraucher innerhalb der Europäischen Union unter dem Kürzel "TR" (als Abkürzung für "Türkei" bzw. "türkisch") darüber informiert werden, dass das für die Türkei zuständige Unternehmen die "KOCTAS YAPI MARKETLERI TICARET A.S." ist (neben ebenfalls vorhandenen entsprechenden Informationen für die übrigen Landesgesellschaften der Kingfisher-Gruppe unter Kürzeln wie "GB", "IE","FR","PL","RUS" oder "ES", jeweils in der für das entsprechende Land relevanten Landessprache).
B. Beschwerdegegner
Der Beschwerdegegner hat keine Stellungnahme eingereicht.
Würdigung und Befunde
1) Nach Art. 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 (die "Verordnung") kommt es für die Entscheidung dieses Verfahrens zunächst darauf an, ob "Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind".
a) In der juristischen Literatur ist nicht abschließend geklärt, ob nationale Markenrechte, die ausschließlich außerhalb der Europäischen Union geschützt sind, den Anforderungen von Art. 21 Abs. 1 der Verordnung genügen (vgl. z.B. Müller, GRUR-RR 2007, Seite 990, 991 unter Hinweis auf Bettinger, WRP 2006, Seite 548, 557; Rau, Der internationale Schutz von Domainnamen und Markenrechten im Internet, Seite 257 ff.).
Bemerkenswert ist insofern, dass die ADR-Regeln des Tschechischen Schiedsgerichtshofs in Abschnitt B.11(d)(1)(i) ausdrücklich verlangen, dass Rechte bestehen müssen, die "nach nationalem Recht EINES MITGLIEDSTAATS und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind". Auch die früher von EURid verwendeten "Sunriseregeln" (genauer: ".eu Registrierungspolitik und Allgemeine Geschäftsbedingungen für Domänennamenanträge während der gestaffelten Registrierung") verlangten in Abschnitt 13.1(i) ausdrücklich: "Wenn es sich bei dem von einem Antragsteller geltend gemachten früheren Recht um eine eingetragene Marke handelt, muss diese von einem Markenbüro in einem der Mitgliedstaaten, dem Benelux Trademarks Office oder dem HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) eingetragen sein, oder sie muss international eingetragen sein, und der Schutz muss in mindestens einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährt worden sein". Dies deutet wohl darauf hin, dass das überwiegende Verständnis von Art. 21 Abs. 1 der Verordnung dahin geht, dass ein bloßer Schutz (nur) außerhalb der EU nicht ausreichend ist. Andererseits kann die Berufung auf diese niederrangigen Regelwerke allein noch keine abschließende Entscheidung begründen, da nicht auszuschließen ist, dass sie im inhaltlichen Widerspruch zur letztlich entscheidenden Regelung in Art. 21 Abs. 1 der Verordnung stehen.
In dem Verfahren CAC-Nr. 1580 AUNTMINNIE hat die Schiedskommission unter Berufung auf die "Konsistenz mit der UDRP" vertreten, dass auch eine lediglich außerhalb der EU geschützte Marke ausreichend ist (Zitat: "The Panel Finds, that national laws usually recognize rights which exist under the laws of other countries (without extending their scope beyond those countries) and it would be consistent with the UDRP to accept that a non-European trademark or service mark qualifies for protection."). Eine andere Ansicht vertreten dagegen die Schiedskommissionen in den Verfahren CAC-Nr. 4478 PICMG und – mit sehr ausführlicher Begründung – CAC-Nr. 5534 WORLDFINANCIALGROUP. Der Unterzeichner schließt sich diesen letztgenannten Entscheidungen an. Die UDRP gilt zwar nicht nur, aber doch vor allem für generische Top-Level-Domains (mit grundsätzlich weltweiter "Reichweite"), während die regionale Top-Level-Domain ".eu" einen dedizierten Bezug zur Europäischen Union aufweist (und damit gerade nicht zu Ländern außerhalb der Europäischen Union). Es spricht daher alles dafür, Art. 21 Abs. 1 der Verordnung insoweit enger zu interpretieren als die entsprechenden Formulierungen der UDRP.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit wesentlich von den in der Beschwerde zitierten UDRP-Entscheidungen WIPO Case No. D2011-1278 koctasevdeneve.com, koctasnakliyat.com und WIPO Case No. D2012-2245 koctasmobilya.net (bei denen die Beschwerdegegner zudem jeweils selbst auch in der Türkei ansässig waren).
b) Weiter ist zu klären, ob der Beschwerdeführer – entsprechend seiner ergänzenden Stellungnahme – über nicht registrierte Kennzeichenrechte mit Schutz in der Europäischen Union verfügt. Die Schiedskommission ist hiervon nicht überzeugt. Selbst wenn dem Beschwerdeführer in der Türkei eine ganz überragende Bekanntheit von 99% zukommen sollte, folgt hieraus nicht automatisch der Erwerb eines entsprechenden Kennzeichenrechts innerhalb der Europäischen Union. Art. 4 Abs. 2 lit. d) der Markenrechtsrichtlinie 2008/95/EG bzw. Art. 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft erfordern vielmehr, dass die fragliche Marke IN EINEM MITGLIEDSTAAT notorisch bekannt ist, um dort auch ohne Registrierung Schutz zu genießen. Der Vortrag des Beschwerdeführers erlaubt nicht, auf eine solche Bekanntheit innerhalb eines Mitgliedstaats (bzw. eines wesentlichen Teils hiervon) zu schließen. Der Beschwerdeführer kann sich vielmehr lediglich auf einzelne Erwähnungen seiner Marke innerhalb der EU berufen, die jedoch (ii) nicht sehr prominent sind und keinesfalls auf eine Bekanntheit innerhalb der EU schließen lassen und (ii) zudem offenbar stets mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen sind, dass sich die Nutzung des Zeichens "KOCTAS" auf die Türkei und damit gerade nicht auf die EU bezieht.
2) Vor diesem Hintergrund kommt es für die Entscheidung des Verfahrens nicht mehr darauf an, ob (i) der Beschwerdegegner selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen geltend machen kann und/oder (ii) der streitige Domainname vom Beschwerdegegner in böser Absicht registriert wurde und/oder benutzt wird. Diese Fragen können derzeit offen bleiben.
a) In der juristischen Literatur ist nicht abschließend geklärt, ob nationale Markenrechte, die ausschließlich außerhalb der Europäischen Union geschützt sind, den Anforderungen von Art. 21 Abs. 1 der Verordnung genügen (vgl. z.B. Müller, GRUR-RR 2007, Seite 990, 991 unter Hinweis auf Bettinger, WRP 2006, Seite 548, 557; Rau, Der internationale Schutz von Domainnamen und Markenrechten im Internet, Seite 257 ff.).
Bemerkenswert ist insofern, dass die ADR-Regeln des Tschechischen Schiedsgerichtshofs in Abschnitt B.11(d)(1)(i) ausdrücklich verlangen, dass Rechte bestehen müssen, die "nach nationalem Recht EINES MITGLIEDSTAATS und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind". Auch die früher von EURid verwendeten "Sunriseregeln" (genauer: ".eu Registrierungspolitik und Allgemeine Geschäftsbedingungen für Domänennamenanträge während der gestaffelten Registrierung") verlangten in Abschnitt 13.1(i) ausdrücklich: "Wenn es sich bei dem von einem Antragsteller geltend gemachten früheren Recht um eine eingetragene Marke handelt, muss diese von einem Markenbüro in einem der Mitgliedstaaten, dem Benelux Trademarks Office oder dem HABM (Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt) eingetragen sein, oder sie muss international eingetragen sein, und der Schutz muss in mindestens einem der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gewährt worden sein". Dies deutet wohl darauf hin, dass das überwiegende Verständnis von Art. 21 Abs. 1 der Verordnung dahin geht, dass ein bloßer Schutz (nur) außerhalb der EU nicht ausreichend ist. Andererseits kann die Berufung auf diese niederrangigen Regelwerke allein noch keine abschließende Entscheidung begründen, da nicht auszuschließen ist, dass sie im inhaltlichen Widerspruch zur letztlich entscheidenden Regelung in Art. 21 Abs. 1 der Verordnung stehen.
In dem Verfahren CAC-Nr. 1580 AUNTMINNIE hat die Schiedskommission unter Berufung auf die "Konsistenz mit der UDRP" vertreten, dass auch eine lediglich außerhalb der EU geschützte Marke ausreichend ist (Zitat: "The Panel Finds, that national laws usually recognize rights which exist under the laws of other countries (without extending their scope beyond those countries) and it would be consistent with the UDRP to accept that a non-European trademark or service mark qualifies for protection."). Eine andere Ansicht vertreten dagegen die Schiedskommissionen in den Verfahren CAC-Nr. 4478 PICMG und – mit sehr ausführlicher Begründung – CAC-Nr. 5534 WORLDFINANCIALGROUP. Der Unterzeichner schließt sich diesen letztgenannten Entscheidungen an. Die UDRP gilt zwar nicht nur, aber doch vor allem für generische Top-Level-Domains (mit grundsätzlich weltweiter "Reichweite"), während die regionale Top-Level-Domain ".eu" einen dedizierten Bezug zur Europäischen Union aufweist (und damit gerade nicht zu Ländern außerhalb der Europäischen Union). Es spricht daher alles dafür, Art. 21 Abs. 1 der Verordnung insoweit enger zu interpretieren als die entsprechenden Formulierungen der UDRP.
Der vorliegende Fall unterscheidet sich damit wesentlich von den in der Beschwerde zitierten UDRP-Entscheidungen WIPO Case No. D2011-1278 koctasevdeneve.com, koctasnakliyat.com und WIPO Case No. D2012-2245 koctasmobilya.net (bei denen die Beschwerdegegner zudem jeweils selbst auch in der Türkei ansässig waren).
b) Weiter ist zu klären, ob der Beschwerdeführer – entsprechend seiner ergänzenden Stellungnahme – über nicht registrierte Kennzeichenrechte mit Schutz in der Europäischen Union verfügt. Die Schiedskommission ist hiervon nicht überzeugt. Selbst wenn dem Beschwerdeführer in der Türkei eine ganz überragende Bekanntheit von 99% zukommen sollte, folgt hieraus nicht automatisch der Erwerb eines entsprechenden Kennzeichenrechts innerhalb der Europäischen Union. Art. 4 Abs. 2 lit. d) der Markenrechtsrichtlinie 2008/95/EG bzw. Art. 6bis der Pariser Verbandsübereinkunft erfordern vielmehr, dass die fragliche Marke IN EINEM MITGLIEDSTAAT notorisch bekannt ist, um dort auch ohne Registrierung Schutz zu genießen. Der Vortrag des Beschwerdeführers erlaubt nicht, auf eine solche Bekanntheit innerhalb eines Mitgliedstaats (bzw. eines wesentlichen Teils hiervon) zu schließen. Der Beschwerdeführer kann sich vielmehr lediglich auf einzelne Erwähnungen seiner Marke innerhalb der EU berufen, die jedoch (ii) nicht sehr prominent sind und keinesfalls auf eine Bekanntheit innerhalb der EU schließen lassen und (ii) zudem offenbar stets mit dem ausdrücklichen Hinweis versehen sind, dass sich die Nutzung des Zeichens "KOCTAS" auf die Türkei und damit gerade nicht auf die EU bezieht.
2) Vor diesem Hintergrund kommt es für die Entscheidung des Verfahrens nicht mehr darauf an, ob (i) der Beschwerdegegner selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dem streitigen Domainnamen geltend machen kann und/oder (ii) der streitige Domainname vom Beschwerdegegner in böser Absicht registriert wurde und/oder benutzt wird. Diese Fragen können derzeit offen bleiben.
Entscheidung
Aus sämtlichen vorgenannten Gründen heraus sowie im Einklang mit § B12 (b) und (c) der ADR-Regeln verfügt die Schiedskommission hiermit, dass die Beschwerde abgewiesen wird.
PANELISTS
Name | AMPERSAND Rechtsanwaelte LLP, Dr. Thomas Schafft |
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Datum der Entscheidung der Schiedskommission
2013-08-21