Case number | CAC-ADREU-002035 |
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Time of filing | 2006-06-29 12:56:06 |
Domain names | warema.eu |
Case administrator
Name | Eva Zahořová |
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Complainant
Organization / Name | Warema Renkhoff GmbH, Oliver Germer |
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Respondent
Organization / Name | Cervos Enterprises Ltd., Andreas Constantinou |
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Machen Sie Angaben zu anderen anhängigen bzw. bereits entschiedenen rechtlichen Verfahren, von denen die Schiedskommission weiß, insoweit die streitigen Domainnamen betroffen sind
Der Schiedskommission sind keine anhängigen oder bereits entschiedenen Verfahren betreffend die streitige Domain bekannt.
Sachlage
1. Die Warema Renkhoff Holding AG hat im Rahmen der gestaffelten Registrierung am 7. Dezember 2005 einen Antrag auf Registrierung der Domain warema.eu gestellt und am 15. Januar 2006 Unterlagen zum Nachweis älterer Rechte eingereicht. EURid hat den Antrag zurückgewiesen und die Freigabe der Domain für den 20. Juni 2006 angekündigt, da ein weiterer Antrag im Rahmen der gestaffelten Registrierung nicht gestellt wurde. Am Tag der Freigabe wurde die Domain von der Beschwerdegegnerin registriert. Die Sprache des Registrierungsvertrags der Registrierstelle ist deutsch.
2. Bei Aufruf der Domain warema.eu erscheint aktuell die Anzeige „Cervos Enterprises LTD, Pavlou Angelinide 9, 3110 Limassol Agia Fyla, Cyprus, E-Mail office@cervos.info. Sorry, our website is under construction. Please send us an e-mail - we will reply shortly!” Die Beschwerdeführerin legt als Anlage 7 einen Screenshot vor, aus dem hervorgeht, dass ein Aufruf einer Internetseite unter der Domain warema.eu am 26. Juni 2006, dem Tag des Eingangs der Beschwerde beim Schiedsgericht, nicht nachgewiesen werden konnte.
2. Bei Aufruf der Domain warema.eu erscheint aktuell die Anzeige „Cervos Enterprises LTD, Pavlou Angelinide 9, 3110 Limassol Agia Fyla, Cyprus, E-Mail office@cervos.info. Sorry, our website is under construction. Please send us an e-mail - we will reply shortly!” Die Beschwerdeführerin legt als Anlage 7 einen Screenshot vor, aus dem hervorgeht, dass ein Aufruf einer Internetseite unter der Domain warema.eu am 26. Juni 2006, dem Tag des Eingangs der Beschwerde beim Schiedsgericht, nicht nachgewiesen werden konnte.
A. Beschwerdeführer
3.1 Die Beschwerdeführerin trägt vor, die Warema Renkhoff GmbH sei ein Tochterunternehmen der Warema Renkhoff Holding AG. Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sie den Bestandteil „WAREMA“ in ihrer Firmenbezeichnung führt. Darüber hinaus legt sie Datenbankauszüge über die „WAREMA“ Marken EU 003 058 484 (Wort/Bild) mit Priorität vom 18. Februar 2003; DE 854 861 (Wort) mit Priorität vom 3. September 1968; sowie WO 356 167 (Wort) mit Priorität vom 3. September 1968 und mit der Benennung einer Reihe von Staaten der heutigen EU, vor.
Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sie außerdem Inhaberin der Domain warema.fr sei. Schließlich sei die Warema Renkhoff Holding AG Inhaberin einer Reihe von ccTLDs „WAREMA“ in Mitgliedstaaten der EU. Unter diesen Domains seien Unternehmensinformationen über die Beschwerdeführerin zu finden.
3.2 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Registrierung missbräuchlich war, da der Beschwerdegegnerin weder ein eigenes Recht an der Bezeichnung "WAREMA" noch ein berechtigtes Interesse an der Domain warema.eu zustehe. Die Beschwerdegegnerin führe insbesondere die Bezeichnung „WAREMA“ nicht in ihrer Firma und sei unter dieser Bezeichnung auch nicht bekannt.
3.3 Die Beschwerdeführerin ist zudem der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin und deren Unternehmensgruppe unter der Marke „WAREMA“ in Europa weithin Bekanntheit genießen, so dass auch eine nicht-kommerzielle Nutzung von warema.eu durch die Beschwerdegegnerin nicht möglich sei, ohne die Verbraucher in die Irre zu führen.
3.4 Die Beschwerdeführerin meint weiterhin, die Registrierung der Domain warema.eu sei in böser Absicht erfolgt, da es sich bei der Bezeichnung „WAREMA“ um ein Kunstwort handele und die Registrierung durch die Beschwerdegegnerin am Tag der Freigabe durch EURid nur den Schluss zulasse, dass dadurch die Beschwerdeführerin an der Benutzung der Domain gehindert werden sollte, oder dass die Domain nur zum Zwecke der späteren Weiterveräusserung registriert wurde.
Die Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die Domain warema.eu zeige sich auch daran, dass diese mehrere, vorwiegend generische Domains wie z.B. mueller.eu, wasser.eu, verhuetung.eu, oel.eu und bibel.eu registriert habe.
3.5 Die Beschwerdeführerin beantragt, die Doman warema.eu auf sie zu übertragen, hilfsweise, das Verfahren für sechs Monate auszusetzen und danach über die Übertragung zu entscheiden.
Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass sie außerdem Inhaberin der Domain warema.fr sei. Schließlich sei die Warema Renkhoff Holding AG Inhaberin einer Reihe von ccTLDs „WAREMA“ in Mitgliedstaaten der EU. Unter diesen Domains seien Unternehmensinformationen über die Beschwerdeführerin zu finden.
3.2 Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Registrierung missbräuchlich war, da der Beschwerdegegnerin weder ein eigenes Recht an der Bezeichnung "WAREMA" noch ein berechtigtes Interesse an der Domain warema.eu zustehe. Die Beschwerdegegnerin führe insbesondere die Bezeichnung „WAREMA“ nicht in ihrer Firma und sei unter dieser Bezeichnung auch nicht bekannt.
3.3 Die Beschwerdeführerin ist zudem der Auffassung, dass die Beschwerdeführerin und deren Unternehmensgruppe unter der Marke „WAREMA“ in Europa weithin Bekanntheit genießen, so dass auch eine nicht-kommerzielle Nutzung von warema.eu durch die Beschwerdegegnerin nicht möglich sei, ohne die Verbraucher in die Irre zu führen.
3.4 Die Beschwerdeführerin meint weiterhin, die Registrierung der Domain warema.eu sei in böser Absicht erfolgt, da es sich bei der Bezeichnung „WAREMA“ um ein Kunstwort handele und die Registrierung durch die Beschwerdegegnerin am Tag der Freigabe durch EURid nur den Schluss zulasse, dass dadurch die Beschwerdeführerin an der Benutzung der Domain gehindert werden sollte, oder dass die Domain nur zum Zwecke der späteren Weiterveräusserung registriert wurde.
Die Bösgläubigkeit der Beschwerdegegnerin im Hinblick auf die Domain warema.eu zeige sich auch daran, dass diese mehrere, vorwiegend generische Domains wie z.B. mueller.eu, wasser.eu, verhuetung.eu, oel.eu und bibel.eu registriert habe.
3.5 Die Beschwerdeführerin beantragt, die Doman warema.eu auf sie zu übertragen, hilfsweise, das Verfahren für sechs Monate auszusetzen und danach über die Übertragung zu entscheiden.
B. Beschwerdegegner
Die Beschwerdegegnerin beschränkt sich in ihrer Beschwerdeerwiderung auf die folgenden Einlassungen:
4.1 Die Tatsache, dass die Domain zwar während der gestaffelten Registrierung beantragt, aber nicht zugeteilt wurde, lasse darauf schließen, dass an der Domain entweder keine Rechte bestehen, oder dass auf die Ausübung bestehender Rechte im Hinblick auf die Domain verzichtet wurde.
4.2 Die Beschwerdegegnerin bestreitet, dass es sich bei „Warema“ um eine überregional bekannte Firma handelt. Dem Vertreter der Beschwerdegegnerin sei die Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei Aufruf der Domain warema.eu davon ausgingen, auf die Webseite der Beschwerdeführerin zu gelangen.
4.3 Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen und die Domaininhaberschaft der Beschwerdegegnerin zu bestätigen.
4.1 Die Tatsache, dass die Domain zwar während der gestaffelten Registrierung beantragt, aber nicht zugeteilt wurde, lasse darauf schließen, dass an der Domain entweder keine Rechte bestehen, oder dass auf die Ausübung bestehender Rechte im Hinblick auf die Domain verzichtet wurde.
4.2 Die Beschwerdegegnerin bestreitet, dass es sich bei „Warema“ um eine überregional bekannte Firma handelt. Dem Vertreter der Beschwerdegegnerin sei die Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei Aufruf der Domain warema.eu davon ausgingen, auf die Webseite der Beschwerdeführerin zu gelangen.
4.3 Die Beschwerdegegnerin beantragt, die Beschwerde abzuweisen und die Domaininhaberschaft der Beschwerdegegnerin zu bestätigen.
Würdigung und Befunde
Auf der Grundlage des unstreitigen Sachverhalts sowie der Einlassungen der Parteien kommt die Schiedskommission zu folgender Einschätzung der Rechtslage:
5. Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Voraussetzung für den geltend gemachten Übertragungsanspruch ist gem. Art. 21(1), 22(11) der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktion der Domäne oberster Stufe „eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung („VO 874/2004“), dass nach Überzeugung der Schiedskommission der antragsgegenständliche Domänenamen warema.eu („die Domain“) mit einer Bezeichnung identisch oder verwechselbar ähnlich ist, an der ein Recht nach nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen besteht und dass der Inhaber der Domain selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dieser Domain geltend machen kann oder die Domain in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
6. Kein Ausschluss der Rechte aus Art. 21 durch gestaffeltes Registrierungsverfahren
Die Schiedskommission kann der Beschwerdegegnerin nicht darin folgen, dass die Tatsache, dass die Domain im gestaffelten Registrierungsverfahren nicht zugeteilt wurde, die Annahme rechtfertigt, dass an der Domain entweder keine Rechte bestehen oder dass der Inhaber auf die Ausübung seiner Rechte verzichtet hat. Eine solche Annahme findet bereits im Wortlaut von Art. 21 VO 874/2004 keine Stütze, der einen Widerruf jederzeit vorsieht und keine Einschränkungen im Hinblick auf eine vorangegangene gestaffelte Registrierung enthält. Die von der Beschwerdegegnerin vertretene Auffassung wäre auch mit dem Sinn und Zweck der gestaffelten Registrierung nicht zu vereinbaren. Aus dem 12. Erwägungsgrund zur VO 874/2004 ergibt sich, dass die gestaffelte Registrierung dem Schutz der Interessen der Inhaber älterer Rechte dienen soll. Dieser Zweck würde in sein Gegenteil verkehrt, wollte man der gestaffelten Registrierung eine Ausschlusswirkung beimessen, die zu einer dauerhaften Nichtdurchsetzbarkeit der Rechte gegen die Domain führen würde. Die Voraussetzungen des Art. 21(1) VO 874/2004 sind daher im einzelnen zu prüfen.
7. Identisches oder verwechselbar ähnliches Recht, Art.21(1), S. 1 VO 874/2004
Jedenfalls mit der deutschen Wortmarke DE 854 861 hat die Beschwerdeführerin das Bestehen eines eigenen, von der Beschwerdegegnerin nicht bestrittenen Rechts an der Bezeichnung „WAREMA“ glaubhaft gemacht. Die Topleveldomain (TLD) „.eu“ hat bei der Gegenüberstellung von Recht und Domain außer Betracht zu bleiben, da der Verkehr der TLD in aller Regel, und so auch hier, lediglich eine Adressfunktion, nicht aber Kennzeichnungsfunktion beimisst (in diesem Sinne auch ADR.eu case no. 00387 – gnc.eu, vgl. zudem auch die ständige Spruchpraxis der WIPO Schiedskommissionen zur UDRP, z.B. WIPO Domain Name Decisions no. D2000-1532 – brucespringsteen.com; no. D2002-0234 – herbalife.net und DCC2003-0001 – officemax.cc). Die Wortmarke DE 854 861 ist somit identisch mit der Domain.
8. Recht oder berechtigtes Interesse, Art. 21(1) lit. (a) VO 874/2004
8.1 Die ADR-Regeln sehen in Abschnitt B11(d) vor, dass der Beschwerdeführer den Nachweis für das Nichtbestehen eines Rechts oder berechtigten Interesses zu erbringen hat. Bei dem Nichtbestehen eines Rechts oder eines berechtigten Interesses handelt es sich jedoch um eine Negativtatsache, für die der Beschwerdeführer einen Nachweis streng genommen nicht führen kann. Ob ein Recht oder berechtigtes Interesse besteht, beurteilt sich in der Regel nach Umständen, die ausschließlich in der Sphäre des Domaininhabers liegen. Legt der Beschwerdeführer daher glaubhaft dar, dass sich aus den offensichtlichen Umständen weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse des Domaininhabers ergibt, ist es in der Regel die Sache des Domaininhabers, entsprechende Fakten vorzutragen und ggf. Nachweise dafür vorzulegen (vgl. insoweit auch die ständige Spruchpraxis der WIPO Schiedskommissionen zur UDRP, z.B. WIPO Domain Name Decisions no. D2003-0455 – croatiaairlines.com und D2004-0110 – belupo.com). Unter Anwendung dieser Grundsätze kann die Schiedskommission ein Recht oder berechtigtes Interesse der Beschwerdegegnerin an der Domain nicht als gegeben ansehen, wie sich aus nachfolgenden Erwägungen ergibt.
8.2 Auf ein Recht an „WAREMA“ beruft sich die Beschwerdegegnerin nicht.
8.3 Art. 21(2) VO 874/2004 zählt drei Fälle auf, in denen jedenfalls ein berechtigtes Interesse gem. Art. 21(1) lit. a VO 874/2004 vorliegt (Regelbeispiele). Nach Auffassung der Schiedskommission ist vorliegend keines der Regelbeispiele verwirklicht.
8.4 Eine kommerzielle Nutzung i.S.v. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen ist seitens der Beschwerdegnerin nicht vorgetragen. Die derzeitige Anzeige unter der Domain kann nicht als relevante Benutzungshandlung gem. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 angesehen werden, da ein Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen aus ihr nicht ersichtlich wird. Die Anzeige kann auch nicht als Vorbereitungshandlung i.S.v. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 in Betracht kommen, weil sie nicht nachweislich vor Einleitung des Schiedsverfahrens erfolgte. Die Beschwerdeführerin hat insoweit mit der Beschwerdebegründung vorgetragen und mit der Vorlage der Anlage 7 glaubhaft gemacht, dass eine Anzeige unter der Domain vor Einreichung der Beschwerde nicht abrufbar war, ohne dass die Beschwerdegegnerin dem widersprochen hätte.
8.5 Die Beschwerdegegnerin trägt keine Fakten vor, die die Anwendung von Art. 21(2) lit. (b) VO EG/874/2004 rechtfertigen. Insbesondere weist die von der Beschwerdegegnerin verwendete Firma zu der Domain keine erkennbare Verbindung auf.
8.6 Nach Auffassung der Schiedskommission sind auch die Voraussetzungen einer Nutzung in einer „nichtkommerziellen oder fairen Weise“ i.S.v. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 vorliegend nicht gegeben.
Die Beschwerdegegnerin beruft sich nicht ausdrücklich auf das Regelbeispiel des Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 und trägt auch nichts zur aktuellen Nutzung der Domain vor. Vielmehr bleibt der Vortrag der Beschwerdeführerin, dass eine Nutzung nicht erfolge unwidersprochen. Gemäß Abschnitt B7(a), S. 2 der ADR-Regeln steht es jedoch im Ermessen der Schiedskommission, eigene Ermittlungen den Fall betreffend anstellen, wozu auch die Inaugenscheinnahme der unter der Domain vorgehaltenen Internetseiten gehört.
Die VO 874/2004 sowie das sie ergänzende Regelwerke enthält keine Hinweise darauf, was unter einer „Nutzung“ einer Domain in "nichtkommerzieller oder fairer Weise“ zu verstehen ist.
Die Schiedskommission kann es dahingestellt sein lassen, ob im vorliegenden Fall mit der Angabe der Adresse der Beschwerdegegnerin sowie dem Hinweis "our website is under construction" unter der Domain überhaupt schon eine "Nutzung" der Domain gem. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 vorliegt, oder ob es sich allenfalls um die Vorbereitung zur Benutzung handeln könnte. Denn unabhängig von den konkreten Anforderungen an eine „Nutzung“, wäre eine solche vorliegend weder nichtkommerziell noch fair i.S.d. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004.
Da die Anzeige der Website unter Hinweis des Unternehmensnamens der Beschwerdegegnerin erfolgt, spricht der erste Anschein für eine kommerzielle Nutzung oder Nutzungsabsicht, da davon auszugehen ist, dass ein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr handelt. Die Beschwerdegegnerin hat nichts vorgetragen, um diesen Anschein zu widerlegen.
Der Begriff der Nutzung "in fairer Weise“ ist, mangels einer Konkretisierung in den einschlägigen Vorschriften, ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Verwirklichung nur im Einzelfall unter Würdigung sämtlicher Umstände beurteilt werden kann. Nach Auffassung der Schiedskommission sind dabei unter anderem der Zeitpunkt der Aufnahme der Nutzung, die Nutzungsdauer sowie die Art und der Umfang der Nutzung zu berücksichtigen.
Das Tatbestandsmerkmal „fair“ schließt nach Ansicht der Schiedskommission dabei neben der subjektiven Zielrichtung der Nutzung auch ein Vertrauensschutzelement ein: Der Domaininhaber soll berechtigterweise darauf vertrauen können, dass er die einmal aufgenommene redliche Nutzung weiterführen darf. Daran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil selbst für den Fall, dass eine Nutzung der Domain angenommen wird, die Nutzungsaufnahme – unbestritten – erst nach der Einreichung der Beschwerde erfolgte Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdegegnerin in die Fortsetzung der Benutzung der Domain damit konnte daher von Anfang an nicht entstehen, da ihr aufgrund des Schiedsverfahrens bewusst war, dass eine gesicherte Rechtsposition an der Domain nicht entstanden war.
Für die Beurteilung der Fairness der Nutzung durch die Schiedskommission spielt des weiteren die Überlegung eine Rolle, dass ein Domaininhaber letztlich erst und alleine durch den Hinweis „website under construction“ selbst ein berechtigtes Interesse schaffen und damit den Verlust der Domain im Schiedsverfahren jederzeit vermeiden könnte. Dies wird in der Regel, wie auch hier, nicht ausreichen, um den Anforderungen an eine Nutzung „in fairer Weise“ gerecht zu werden.
8.7 Die Regelbeispiele in Art. 21(2) VO 874/2004 sind – wie sich klarstellend auch dem Wortlaut von Abschnitt B11(e) der ADR-Regeln entnehmen lässt - nicht abschließend und lassen grundsätzlich den Nachweis zu, dass ein berechtigtes Interesse aus anderen als den in Art. 21(2) VO 874/2004 aufgeführten Gründen gegeben ist. Solche Gründe müssten aber vom Beschwerdegegner zumindest vorgetragen werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der bloße Hinweis der Beschwerdegegnerin auf zwangsläufige Namensüberlappungen sowie die subjektive Unkenntnis von den Rechten an „WAREMA“ reicht dazu nicht aus. Das alternative Streitbeilegungsverfahren nach Art. 22 VO 874/2004 dient gerade dazu, solche „Überlappungen“ soweit wie möglich auszuschließen. Wie aus Art. 21 VO 874/2004 hervorgeht, kommt es zumindest im Rahmen des berechtigten Interesses gem. Art. 21(1) lit. (a), (2) VO 874/2004 auf eine subjektive Kenntnis des Domaininhabers vom identischen oder verwechselbar ähnlichen Recht nicht an.
Damit konnte ein Recht oder berechtigtes Interesse der Beschwerdegegnerin an der Domain nicht geltend gemacht werden.
9. Alternativität von Art. 21(1) lit. (a) und (b) VO 874/2004
Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 21(1) lit. (a) und (b) VO 874/2004 ergibt, stehen Recht bzw. Berechtigtes Interesse einerseits und die Bösgläubigkeit andererseits – anders als etwa unter der UDRP - in einem Verhältnis der Alternativität. Es reicht damit zum Widerruf der Domain aus, wenn ein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain nicht geltend gemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne zumindest implizit auch die ADR.eu Entscheidungen. case no. 00387 – gnc.eu; case no. 00910 – reifen.eu; case no. 00339 – unitech.eu). Auf den Vortrag der Beschwerdeführerin zur bösgläubigen Registrierung kommt es somit zur Entscheidung nicht mehr an.
10. Übertragungsanspruch
Da die Beschwerdeführerin mit Vorlage des Handelsregisterauszugs glaubhaft gemacht hat, dass ihr Sitz innerhalb des Gemeinschaftsgebiets ist, erfüllt sie die Registrierungsvoraussetzungen des Art. 4(2) lit. b VO 733/2002. Damit steht ihr gem. Art. 22(11) VO 874/2004 der beantrage Anspruch auf Übertragung der Domain zu.
5. Rechtliche Grundlagen der Entscheidung
Voraussetzung für den geltend gemachten Übertragungsanspruch ist gem. Art. 21(1), 22(11) der Verordnung (EG) Nr. 874/2004 vom 28. April 2004 zur Festlegung von allgemeinen Regeln für die Durchführung und die Funktion der Domäne oberster Stufe „eu“ und der allgemeinen Grundregeln für die Registrierung („VO 874/2004“), dass nach Überzeugung der Schiedskommission der antragsgegenständliche Domänenamen warema.eu („die Domain“) mit einer Bezeichnung identisch oder verwechselbar ähnlich ist, an der ein Recht nach nationalen oder gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen besteht und dass der Inhaber der Domain selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an dieser Domain geltend machen kann oder die Domain in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
6. Kein Ausschluss der Rechte aus Art. 21 durch gestaffeltes Registrierungsverfahren
Die Schiedskommission kann der Beschwerdegegnerin nicht darin folgen, dass die Tatsache, dass die Domain im gestaffelten Registrierungsverfahren nicht zugeteilt wurde, die Annahme rechtfertigt, dass an der Domain entweder keine Rechte bestehen oder dass der Inhaber auf die Ausübung seiner Rechte verzichtet hat. Eine solche Annahme findet bereits im Wortlaut von Art. 21 VO 874/2004 keine Stütze, der einen Widerruf jederzeit vorsieht und keine Einschränkungen im Hinblick auf eine vorangegangene gestaffelte Registrierung enthält. Die von der Beschwerdegegnerin vertretene Auffassung wäre auch mit dem Sinn und Zweck der gestaffelten Registrierung nicht zu vereinbaren. Aus dem 12. Erwägungsgrund zur VO 874/2004 ergibt sich, dass die gestaffelte Registrierung dem Schutz der Interessen der Inhaber älterer Rechte dienen soll. Dieser Zweck würde in sein Gegenteil verkehrt, wollte man der gestaffelten Registrierung eine Ausschlusswirkung beimessen, die zu einer dauerhaften Nichtdurchsetzbarkeit der Rechte gegen die Domain führen würde. Die Voraussetzungen des Art. 21(1) VO 874/2004 sind daher im einzelnen zu prüfen.
7. Identisches oder verwechselbar ähnliches Recht, Art.21(1), S. 1 VO 874/2004
Jedenfalls mit der deutschen Wortmarke DE 854 861 hat die Beschwerdeführerin das Bestehen eines eigenen, von der Beschwerdegegnerin nicht bestrittenen Rechts an der Bezeichnung „WAREMA“ glaubhaft gemacht. Die Topleveldomain (TLD) „.eu“ hat bei der Gegenüberstellung von Recht und Domain außer Betracht zu bleiben, da der Verkehr der TLD in aller Regel, und so auch hier, lediglich eine Adressfunktion, nicht aber Kennzeichnungsfunktion beimisst (in diesem Sinne auch ADR.eu case no. 00387 – gnc.eu, vgl. zudem auch die ständige Spruchpraxis der WIPO Schiedskommissionen zur UDRP, z.B. WIPO Domain Name Decisions no. D2000-1532 – brucespringsteen.com; no. D2002-0234 – herbalife.net und DCC2003-0001 – officemax.cc). Die Wortmarke DE 854 861 ist somit identisch mit der Domain.
8. Recht oder berechtigtes Interesse, Art. 21(1) lit. (a) VO 874/2004
8.1 Die ADR-Regeln sehen in Abschnitt B11(d) vor, dass der Beschwerdeführer den Nachweis für das Nichtbestehen eines Rechts oder berechtigten Interesses zu erbringen hat. Bei dem Nichtbestehen eines Rechts oder eines berechtigten Interesses handelt es sich jedoch um eine Negativtatsache, für die der Beschwerdeführer einen Nachweis streng genommen nicht führen kann. Ob ein Recht oder berechtigtes Interesse besteht, beurteilt sich in der Regel nach Umständen, die ausschließlich in der Sphäre des Domaininhabers liegen. Legt der Beschwerdeführer daher glaubhaft dar, dass sich aus den offensichtlichen Umständen weder ein Recht noch ein berechtigtes Interesse des Domaininhabers ergibt, ist es in der Regel die Sache des Domaininhabers, entsprechende Fakten vorzutragen und ggf. Nachweise dafür vorzulegen (vgl. insoweit auch die ständige Spruchpraxis der WIPO Schiedskommissionen zur UDRP, z.B. WIPO Domain Name Decisions no. D2003-0455 – croatiaairlines.com und D2004-0110 – belupo.com). Unter Anwendung dieser Grundsätze kann die Schiedskommission ein Recht oder berechtigtes Interesse der Beschwerdegegnerin an der Domain nicht als gegeben ansehen, wie sich aus nachfolgenden Erwägungen ergibt.
8.2 Auf ein Recht an „WAREMA“ beruft sich die Beschwerdegegnerin nicht.
8.3 Art. 21(2) VO 874/2004 zählt drei Fälle auf, in denen jedenfalls ein berechtigtes Interesse gem. Art. 21(1) lit. a VO 874/2004 vorliegt (Regelbeispiele). Nach Auffassung der Schiedskommission ist vorliegend keines der Regelbeispiele verwirklicht.
8.4 Eine kommerzielle Nutzung i.S.v. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 im Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen ist seitens der Beschwerdegnerin nicht vorgetragen. Die derzeitige Anzeige unter der Domain kann nicht als relevante Benutzungshandlung gem. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 angesehen werden, da ein Zusammenhang mit Waren oder Dienstleistungen aus ihr nicht ersichtlich wird. Die Anzeige kann auch nicht als Vorbereitungshandlung i.S.v. Art. 21(2) lit. (a) VO 874/2004 in Betracht kommen, weil sie nicht nachweislich vor Einleitung des Schiedsverfahrens erfolgte. Die Beschwerdeführerin hat insoweit mit der Beschwerdebegründung vorgetragen und mit der Vorlage der Anlage 7 glaubhaft gemacht, dass eine Anzeige unter der Domain vor Einreichung der Beschwerde nicht abrufbar war, ohne dass die Beschwerdegegnerin dem widersprochen hätte.
8.5 Die Beschwerdegegnerin trägt keine Fakten vor, die die Anwendung von Art. 21(2) lit. (b) VO EG/874/2004 rechtfertigen. Insbesondere weist die von der Beschwerdegegnerin verwendete Firma zu der Domain keine erkennbare Verbindung auf.
8.6 Nach Auffassung der Schiedskommission sind auch die Voraussetzungen einer Nutzung in einer „nichtkommerziellen oder fairen Weise“ i.S.v. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 vorliegend nicht gegeben.
Die Beschwerdegegnerin beruft sich nicht ausdrücklich auf das Regelbeispiel des Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 und trägt auch nichts zur aktuellen Nutzung der Domain vor. Vielmehr bleibt der Vortrag der Beschwerdeführerin, dass eine Nutzung nicht erfolge unwidersprochen. Gemäß Abschnitt B7(a), S. 2 der ADR-Regeln steht es jedoch im Ermessen der Schiedskommission, eigene Ermittlungen den Fall betreffend anstellen, wozu auch die Inaugenscheinnahme der unter der Domain vorgehaltenen Internetseiten gehört.
Die VO 874/2004 sowie das sie ergänzende Regelwerke enthält keine Hinweise darauf, was unter einer „Nutzung“ einer Domain in "nichtkommerzieller oder fairer Weise“ zu verstehen ist.
Die Schiedskommission kann es dahingestellt sein lassen, ob im vorliegenden Fall mit der Angabe der Adresse der Beschwerdegegnerin sowie dem Hinweis "our website is under construction" unter der Domain überhaupt schon eine "Nutzung" der Domain gem. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004 vorliegt, oder ob es sich allenfalls um die Vorbereitung zur Benutzung handeln könnte. Denn unabhängig von den konkreten Anforderungen an eine „Nutzung“, wäre eine solche vorliegend weder nichtkommerziell noch fair i.S.d. Art. 21(2) lit. (c) VO 874/2004.
Da die Anzeige der Website unter Hinweis des Unternehmensnamens der Beschwerdegegnerin erfolgt, spricht der erste Anschein für eine kommerzielle Nutzung oder Nutzungsabsicht, da davon auszugehen ist, dass ein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr handelt. Die Beschwerdegegnerin hat nichts vorgetragen, um diesen Anschein zu widerlegen.
Der Begriff der Nutzung "in fairer Weise“ ist, mangels einer Konkretisierung in den einschlägigen Vorschriften, ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Verwirklichung nur im Einzelfall unter Würdigung sämtlicher Umstände beurteilt werden kann. Nach Auffassung der Schiedskommission sind dabei unter anderem der Zeitpunkt der Aufnahme der Nutzung, die Nutzungsdauer sowie die Art und der Umfang der Nutzung zu berücksichtigen.
Das Tatbestandsmerkmal „fair“ schließt nach Ansicht der Schiedskommission dabei neben der subjektiven Zielrichtung der Nutzung auch ein Vertrauensschutzelement ein: Der Domaininhaber soll berechtigterweise darauf vertrauen können, dass er die einmal aufgenommene redliche Nutzung weiterführen darf. Daran fehlt es vorliegend schon deshalb, weil selbst für den Fall, dass eine Nutzung der Domain angenommen wird, die Nutzungsaufnahme – unbestritten – erst nach der Einreichung der Beschwerde erfolgte Ein schutzwürdiges Vertrauen der Beschwerdegegnerin in die Fortsetzung der Benutzung der Domain damit konnte daher von Anfang an nicht entstehen, da ihr aufgrund des Schiedsverfahrens bewusst war, dass eine gesicherte Rechtsposition an der Domain nicht entstanden war.
Für die Beurteilung der Fairness der Nutzung durch die Schiedskommission spielt des weiteren die Überlegung eine Rolle, dass ein Domaininhaber letztlich erst und alleine durch den Hinweis „website under construction“ selbst ein berechtigtes Interesse schaffen und damit den Verlust der Domain im Schiedsverfahren jederzeit vermeiden könnte. Dies wird in der Regel, wie auch hier, nicht ausreichen, um den Anforderungen an eine Nutzung „in fairer Weise“ gerecht zu werden.
8.7 Die Regelbeispiele in Art. 21(2) VO 874/2004 sind – wie sich klarstellend auch dem Wortlaut von Abschnitt B11(e) der ADR-Regeln entnehmen lässt - nicht abschließend und lassen grundsätzlich den Nachweis zu, dass ein berechtigtes Interesse aus anderen als den in Art. 21(2) VO 874/2004 aufgeführten Gründen gegeben ist. Solche Gründe müssten aber vom Beschwerdegegner zumindest vorgetragen werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Der bloße Hinweis der Beschwerdegegnerin auf zwangsläufige Namensüberlappungen sowie die subjektive Unkenntnis von den Rechten an „WAREMA“ reicht dazu nicht aus. Das alternative Streitbeilegungsverfahren nach Art. 22 VO 874/2004 dient gerade dazu, solche „Überlappungen“ soweit wie möglich auszuschließen. Wie aus Art. 21 VO 874/2004 hervorgeht, kommt es zumindest im Rahmen des berechtigten Interesses gem. Art. 21(1) lit. (a), (2) VO 874/2004 auf eine subjektive Kenntnis des Domaininhabers vom identischen oder verwechselbar ähnlichen Recht nicht an.
Damit konnte ein Recht oder berechtigtes Interesse der Beschwerdegegnerin an der Domain nicht geltend gemacht werden.
9. Alternativität von Art. 21(1) lit. (a) und (b) VO 874/2004
Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 21(1) lit. (a) und (b) VO 874/2004 ergibt, stehen Recht bzw. Berechtigtes Interesse einerseits und die Bösgläubigkeit andererseits – anders als etwa unter der UDRP - in einem Verhältnis der Alternativität. Es reicht damit zum Widerruf der Domain aus, wenn ein Recht oder berechtigtes Interesse an der Domain nicht geltend gemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne zumindest implizit auch die ADR.eu Entscheidungen. case no. 00387 – gnc.eu; case no. 00910 – reifen.eu; case no. 00339 – unitech.eu). Auf den Vortrag der Beschwerdeführerin zur bösgläubigen Registrierung kommt es somit zur Entscheidung nicht mehr an.
10. Übertragungsanspruch
Da die Beschwerdeführerin mit Vorlage des Handelsregisterauszugs glaubhaft gemacht hat, dass ihr Sitz innerhalb des Gemeinschaftsgebiets ist, erfüllt sie die Registrierungsvoraussetzungen des Art. 4(2) lit. b VO 733/2002. Damit steht ihr gem. Art. 22(11) VO 874/2004 der beantrage Anspruch auf Übertragung der Domain zu.
Entscheidung
Aus sämtlichen vorgenannten Gründen heraus sowie im Einklang mit § B12 (b) und (c) der Regeln verfügt die Schiedskommission hiermit, daß der Domainname WAREMA auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.
PANELISTS
Name | Dietrich Beier |
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Datum der Entscheidung der Schiedskommission
2006-08-10