Case number | CAC-ADREU-005231 |
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Time of filing | 2008-10-13 11:15:30 |
Domain names | boltze.eu |
Case administrator
Name | Josef Herian |
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Complainant
Organization / Name | Boltze Gruppe GmbH |
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Respondent
Organization / Name | Birgit Boltze |
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Machen Sie Angaben zu anderen anhängigen bzw. bereits entschiedenen rechtlichen Verfahren, von denen die Schiedskommission weiß, insoweit die streitigen Domainnamen betroffen sind
Der Schiedskommission sind keine weiteren anhängigen Verfahren bekannt.
Sachlage
Die Beschwerdeführerin, die Boltze Gruppe GmbH aus Ahrensburg, Deutschland, begehrt die Übertragung des Domainnamens boltze.eu auf sich selbst. Beschwerdegegnerin ist Frau Birgit Boltze aus Reinshagen, Deutschland.
A. Beschwerdeführer
Beschwerdeführerin ist die Boltze Gruppe GmbH mit Sitz in Ahrensburg, Deutschland. Die Beschwerdeführerin hat einen Auszug aus dem Handelsregister des Amtsgerichts Lübeck vorgelegt, woraus hervorgeht, dass diese unter dem Firmennamen „BOLTZE GRUPPE GmbH“ eingetragen ist. Die Beschwerdeführerin trägt hierzu weiter vor, dass sie seit 1964 unter dem Namen „Boltze“ im Markt auftritt.
Die Beschwerdeführerin ist zudem Inhaberin der EU-Gemeinschaftsmarke „Boltze“, welche beim Harmonisierungsamt unter der Registrierungsnummer 004100905 als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 04, 06, 14, 16, 18, 19, 20, 21, 24, 25, 26, 28, 35, 36 und 39 eingetragen ist.
Unter Berufung auf den von ihr seit 1964 geführten Unternehmensnamen sowie die Wortmarke „Boltze“ macht die Beschwerdeführerin mit dem vorliegenden ADR-Antrag eigene Rechte an der Domain „boltze.eu“ geltend. Die Beschwerdeführerin macht dabei insbesondere geltend, dass die Beschwerdegegnerin auch zwei Jahre nach Registrierung der Domain noch immer keine Nutzung der Domain aufgenommen hat. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf einen Screenshot der Internetseite www.boltze.eu. Aus diesem Screenshot ist ersichtlich, dass unter www.boltze.eu lediglich folgender Text erscheint:
„Wir sind bald online! Unsere Firma wird hier bald mit einer eigenen Homepage vertreten sein. Haben Sie bitte noch etwas Geduld und schauen später noch einmal vorbei.“
Zur Begründung beruft sich die Beschwerdeführerin zunächst auf die oben genannten Firmennamen– und Markenrechte an der Bezeichnung „Boltze“. Zudem beruft sich die Beschwerdeführerin auf Artikel 21 Abs. 3 b) ii) der EU-Verordnung 874/2004 vom 28. April 2004, welche den Fall betrifft, dass ein Domainname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise genutzt wurde. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass die Beschwerdegegnerin bislang noch keine entsprechende Nutzung der Domain aufgenommen habe und unter www.boltze.eu lediglich ein Hinweis darauf enthalten ist, dass dort „bald“ eine eigene Homepage vertreten sein werde.
Die Beschwerdeführerin beantragt den Widerruf der Registrierung der Domain und die Übertragung der Domain „boltze.eu“ auf sich selbst.
Die Beschwerdeführerin ist zudem Inhaberin der EU-Gemeinschaftsmarke „Boltze“, welche beim Harmonisierungsamt unter der Registrierungsnummer 004100905 als Wortmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen der Klassen 04, 06, 14, 16, 18, 19, 20, 21, 24, 25, 26, 28, 35, 36 und 39 eingetragen ist.
Unter Berufung auf den von ihr seit 1964 geführten Unternehmensnamen sowie die Wortmarke „Boltze“ macht die Beschwerdeführerin mit dem vorliegenden ADR-Antrag eigene Rechte an der Domain „boltze.eu“ geltend. Die Beschwerdeführerin macht dabei insbesondere geltend, dass die Beschwerdegegnerin auch zwei Jahre nach Registrierung der Domain noch immer keine Nutzung der Domain aufgenommen hat. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin auf einen Screenshot der Internetseite www.boltze.eu. Aus diesem Screenshot ist ersichtlich, dass unter www.boltze.eu lediglich folgender Text erscheint:
„Wir sind bald online! Unsere Firma wird hier bald mit einer eigenen Homepage vertreten sein. Haben Sie bitte noch etwas Geduld und schauen später noch einmal vorbei.“
Zur Begründung beruft sich die Beschwerdeführerin zunächst auf die oben genannten Firmennamen– und Markenrechte an der Bezeichnung „Boltze“. Zudem beruft sich die Beschwerdeführerin auf Artikel 21 Abs. 3 b) ii) der EU-Verordnung 874/2004 vom 28. April 2004, welche den Fall betrifft, dass ein Domainname mindestens zwei Jahre lang ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise genutzt wurde. Hierzu verweist die Beschwerdeführerin darauf, dass die Beschwerdegegnerin bislang noch keine entsprechende Nutzung der Domain aufgenommen habe und unter www.boltze.eu lediglich ein Hinweis darauf enthalten ist, dass dort „bald“ eine eigene Homepage vertreten sein werde.
Die Beschwerdeführerin beantragt den Widerruf der Registrierung der Domain und die Übertragung der Domain „boltze.eu“ auf sich selbst.
B. Beschwerdegegner
Die Beschwerdegegnerin wurde am 16. Oktober 2008 darüber unterrichtet, dass die Beschwerdeführerin ein ADR-Verfahren gegen sie eingeleitet hatte. Die Beschwerdegegnerin wurde zudem darauf hingewiesen, dass diese eine Beschwerdeerwiderung innerhalb von 30 Werktagen ab Zustellung des Antrags einreichen muss.
Die Beschwerdegegnerin wandte sich darauf hin mit einem Schreiben vom
12. November 2008 an das Schiedsgericht. Für diese Eingabe an das Schiedsgericht wurde weder die elektronische Form über die Online-Plattform des Schiedsgerichts, noch die dafür dort vorgesehenen elektronischen Formulare benutzt.
In der Eingabe vom 12. November 2008 beruft sich die Beschwerdegegnerin darauf, dass sie die Domain ordnungsgemäß registriert habe. Die Beschwerdegegnerin beruft sich zudem darauf, dass sie mit der Registrierung ein exklusives Nutzungsrecht an der Domain erworben habe und es ihr frei stünde, was sie mit der Domain anstellt. Dabei beruft sich die Beschwerdegegnerin insbesondere darauf, dass sie die jährlichen Domaingebühren bezahlt hat.
Die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdegegnerin trägt zudem vor, sie habe die Domain weder mit Behinderungs- noch mit Blockierungsabsicht registriert und es bestehe ein rein privates Interesse an der Domain boltze.eu. Zudem sei ihr die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Registrierung gar nicht bekannt gewesen.
Am 19. Dezember 2008 wies das Schiedsgericht die Beschwerdegegnerin auf verschiedene formelle Mängel der Beschwerdeerwiderung hin. Insbesondere wies das Schiedsgericht die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass die Beschwerdeerwiderung nicht über die Online-Plattform des Schiedsgerichts eingereicht wurde. Das Schiedsgericht setzte der Beschwerdegegnerin eine Frist von 7 Tagen, um eine nachgebesserte Beschwerdeerwiderung unter Beachtung der Hinweise des Schiedsgerichts einzureichen.
Hierauf reagierte die Beschwerdegegnerin nicht. Das Schiedsgericht setzte die Beschwerdegegnerin sodann unter dem 2. Januar 2009 davon in Kenntnis, dass die Frist zur ordnungsgemäßen Einreichung der Beschwerdeerwiderung versäumt worden ist. Das Schiedsgericht wies die Beschwerdegegnerin zudem darauf hin, dass die Benachrichtigung über die Säumnis innerhalb einer weiteren Frist von 5 Tagen angefochten werden kann.
Auch im Anschluss an diese Mitteilung gab die Beschwerdegegnerin keinen weiteren Erklärungen ab.
Die Beschwerdegegnerin wandte sich darauf hin mit einem Schreiben vom
12. November 2008 an das Schiedsgericht. Für diese Eingabe an das Schiedsgericht wurde weder die elektronische Form über die Online-Plattform des Schiedsgerichts, noch die dafür dort vorgesehenen elektronischen Formulare benutzt.
In der Eingabe vom 12. November 2008 beruft sich die Beschwerdegegnerin darauf, dass sie die Domain ordnungsgemäß registriert habe. Die Beschwerdegegnerin beruft sich zudem darauf, dass sie mit der Registrierung ein exklusives Nutzungsrecht an der Domain erworben habe und es ihr frei stünde, was sie mit der Domain anstellt. Dabei beruft sich die Beschwerdegegnerin insbesondere darauf, dass sie die jährlichen Domaingebühren bezahlt hat.
Die nicht anwaltlich vertretene Beschwerdegegnerin trägt zudem vor, sie habe die Domain weder mit Behinderungs- noch mit Blockierungsabsicht registriert und es bestehe ein rein privates Interesse an der Domain boltze.eu. Zudem sei ihr die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Registrierung gar nicht bekannt gewesen.
Am 19. Dezember 2008 wies das Schiedsgericht die Beschwerdegegnerin auf verschiedene formelle Mängel der Beschwerdeerwiderung hin. Insbesondere wies das Schiedsgericht die Beschwerdegegnerin darauf hin, dass die Beschwerdeerwiderung nicht über die Online-Plattform des Schiedsgerichts eingereicht wurde. Das Schiedsgericht setzte der Beschwerdegegnerin eine Frist von 7 Tagen, um eine nachgebesserte Beschwerdeerwiderung unter Beachtung der Hinweise des Schiedsgerichts einzureichen.
Hierauf reagierte die Beschwerdegegnerin nicht. Das Schiedsgericht setzte die Beschwerdegegnerin sodann unter dem 2. Januar 2009 davon in Kenntnis, dass die Frist zur ordnungsgemäßen Einreichung der Beschwerdeerwiderung versäumt worden ist. Das Schiedsgericht wies die Beschwerdegegnerin zudem darauf hin, dass die Benachrichtigung über die Säumnis innerhalb einer weiteren Frist von 5 Tagen angefochten werden kann.
Auch im Anschluss an diese Mitteilung gab die Beschwerdegegnerin keinen weiteren Erklärungen ab.
Würdigung und Befunde
Nach Artikel 21 Abs. 1 EU-Verordnung 874/2004 wird ein Domainname aufgrund eines außergerichtlichen Verfahrens widerrufen, wenn er mit einem anderem Namen identisch ist oder diesem verwirrend ähnelt, für den Rechte bestehen, die nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht anerkannt oder festgelegt sind, wenn dieser Domainname
a) von einem Domaininhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domainnamen geltend machen kann, oder
b) in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
Aufgrund dieser Vorschrift besteht zunächst die Pflicht der Beschwerdeführerin darzulegen und nachzuweisen, dass die Domain „boltze.eu“ identisch oder verwirrend ähnlich einem Namen ist, für welchen die Beschwerdeführerin anerkannte nationale oder gemeinschaftsrechtliche Rechte geltend machen kann.
Die Beschwerdeführerin trägt unwidersprochen vor, dass diese seit 1964 unter der Geschäftsbezeichnung „Boltze“ im Markt auftritt. Zudem verfügt die Beschwerdeführerin über die EU-Gemeinschaftsmarke „Boltze“, welche beim Harmonisierungsamt als Wortmarke unter der Registernummer 004100905 eingetragen ist.
Der streitgegenständliche Domainname „boltze.eu“ ist daher identisch mit einem für die Beschwerdeführerin geschützten Zeichen, da die Top-Level-Domain „.eu“ bei der Betrachtung der Zeichen Identität außer Acht zu bleiben hat (z. B. Ruby´s Dinner Inc. vs Joseph W. Popow, WIPO-Case Nr. D2001-0868). Die Beschwerdeführerin erfüllt damit die Voraussetzungen nach Artikel 21 Abs. 1 der EU-Verordnung 874/2004.
Zu Artikel 21 Abs. 1 a) EU-Verordnung 874/2004:
Die Beschwerdeführerin kann sich jedoch nicht auf Artikel 21 Abs. 1 a) EU-Verordnung 847/2004 berufen. Der Vortrag der Beschwerdegegnerin erfüllt zwar nicht die nach den ADR-Regeln vorgeschriebenen formellen Erfordernisse und die Beschwerdegegnerin hat trotz entsprechender Hinweise des Schiedsgerichts nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die formellen Mängel ihrer Beschwerdeerwiderung zu beheben. Das Schiedsgericht kann nach Abschnitt B 10 a) der ADR-Regeln die entsprechende Fristversäumnis der Beschwerdegegnerin als Grund werten, die Ansprüche der anderen Partei anzuerkennen.
Zu Gunsten der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin ist jedoch zu berücksichtigen, dass sowohl aus den Registrierungsdaten der Domain, als auch dem von der Beschwerdegegnerin geführten Briefkopf hervorgeht, dass diese den Nachnamen „Boltze“ führt. Bei „Boltze“ handelt es sich also offensichtlich um den nach § 12 BGB geschützten Familiennamen der Beschwerdegegnerin. Obwohl die Beschwerdegegnerin also die formellen Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Beschwerdeerwiderung nicht eingehalten hat, ist evident, dass die Beschwerdegegnerin Namensrechte an der Bezeichnung „Boltze“ innehat, so dass die Voraussetzungen des Artikels 21 Abs. 1 a) der EU-Verordnung 874/2004 nicht vorliegen.
Zu Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004
Es liegen aber die Voraussetzungen des Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004 vor. Die Domain wurde am 8. August 2006 registriert. Damit ist die in Artikel 21 Abs. 3 b) ii) vorgesehene 2-Jahres-Frist im August 2008 abgelaufen. Zu der nach Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 entscheidenden Frage, ob der Domainname innerhalb dieses 2-Jahres-Zeitraums ab der Registrierung in einschlägiger Weise genutzt wurde, hat die Beschwerdeführerin durch Vorlage eines Screenshots vorgetragen. Auf diesem Screenshot ist ersichtlich, dass unter www.boltze.eu lediglich folgende Information abrufbar ist:
„Wir sind bald online! Unsere Firma wird hier bald mit einer eigenen Homepage vertreten sein. Haben Sie bitte noch etwas Geduld und schauen später noch einmal vorbei.“
Die Beschwerdegegnerin ist dem nicht entgegengetreten. Selbst wenn man zu Gunsten der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin deren formell unzureichenden Vortrag aus dem Schreiben vom 12. November 2008 berücksichtigen würde, ergäbe sich hieraus lediglich, dass die Beschwerdegegnerin sich auf die regelmäßigen Zahlungen der Registrierungsgebühren beruft und vorträgt, dass ein rein privates Interesse an der Domain besteht. Zu irgendeiner Form der Nutzung des Domainnamens hat die Beschwerdegegnerin nichts ausgeführt, so dass das Schiedsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin zugrunde legt, dass unter dem streitgegenständlichen Domainnamen lediglich die Ankündigung eines baldigen Internetauftritts war.
Bereits in frühen WIPO-Verfahren wurde die Nichtnutzung eines Domainnamens für einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren als Beweis für das Vorliegen von Bösgläubigkeit angesehen (vgl. Telstra Corp v. Nuclear Marshmallows, D2000-0003 (WIPO Feb. 18, 2000); Mondich & Amer. Vintage Wine Biscuits, Inc. V. Brown, D2000-0004 (WIPO Feb. 16, 2000)). Für den Bereich der .eu-Domains wurde in der Angelegenheit HAUG (ADR-Verfahren Nr.: 05208) entschieden, dass nach Ablauf der zweijährigen Benutzungsschonfrist des Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 von einem Vorliegen der Bösgläubigkeit im Sinne des Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004 auszugehen ist.
Auch die Literatur hat sich bereits mit dieser Vorschrift beschäftigt. So sieht Bettinger (Handbuch des Domainrechts, Teil 3 Abschnitt b) Rdnr. 144) als Anwendungsbereich dieser Vorschrift solche Fälle, in denen dem Domaininhaber zwar ein eigenes Recht an dem Domainnamen zusteht, der Domainname jedoch zwei Jahre nach der Registrierung nicht in einschlägiger Weise benutzt wird. Nach Ansicht von Bettinger unterliegen daher auch diejenigen Domainnamen, hinsichtlich derer der Domaininhaber sich auf ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht bestehenden Recht berufen kann, einem nach spätestens zwei Jahren einsetzenden Benutzungszwang. Kipping (Das Recht der .eu-Domains, Rdnr. 160) bezeichnet den Benutzungszwang als „überaus beachtliches Novum“ im Domainrecht. Nach Kipping wird die Blockierungsabsicht einer Domain indiziert, wenn eine Domain mindestens zwei Jahre ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise benutzt wird. Auf die subjektive Absicht des Domaininhabers, die Domain auch tatsächlich blockieren zu wollen, kommt es nach Kipping nicht an.
Auch Schafft (Streitigkeiten über „.eu“-Domains, GRUR 2004, 986) nennen als Beispiel für die Registrierung oder Benutzung einer Domain in böser Absicht den Fall, dass eine Domain auch zwei Jahre nach ihrer Registrierung noch nicht einschlägiger Weise benutzt wird.
Das Schiedsgericht sieht Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 als eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift an. Insbesondere mit Blick darauf, dass dem Domaininhaber vorgeschrieben wird, dass er die von ihm registrierte Domain auch tatsächlich benutzen muss und der Tatsache, dass er diese im Falle der Nichtbenutzung nach zwei Jahren verlieren kann, ist Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 geeignet, unmittelbar in eine durch den Domaininhaber rechtmäßig erworbene Rechtsposition einzugreifen, nämlich die aus dem Registrierungsvertrag entstehenden Rechte an der Nutzung der Domain. Aufgrund dessen sind nach Ansicht des Schiedsgerichts die Voraussetzungen dieser Vorschrift eng auszulegen, was insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden gilt, in welchem sich der Domaininhaber auf eigene Namensrechte an dem Domainnamen berufen kann.
Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 ist demnach nicht einschlägig, wenn entweder evident ersichtlich oder entsprechende Anhaltspunkte dafür durch den Domaininhaber vorgetragen sind, dass der Domainname innerhalb des 2-Jahres-Zeitraums ab Registrierung der Domain genutzt worden ist. Dabei setzt die Nutzung einer Domain insbesondere für den hier vorliegenden Fall, dass der Domainname einem Familiennamen entspricht, nicht voraus, dass beispielsweise eine umfangreiche Internetpräsenz unter dem Domainnamen abrufbar ist. Eine Nutzung kann in solchen Fällen beispielsweise auch dann vorliegen, wenn die Domain auch nur für eine äußerst geringfügige inhaltliche Darstellung im Internet genutzt wird oder aber für die Weiterleitung auf eine andere Website, welche sodann den Benutzungskriterien entspricht.
Die Frage, ob welche der verschiedensten denkbaren technischen Nutzungsarten einer Domain (zur Nutzung für E-Mail-Zwecke ablehnend: ADR-Fall Nr. 05208) als ausreichend im Sinne des Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 anzusehen sind, kann aber vorliegend dahingestellt bleiben. Die Beschwerdegegnerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Domain überhaupt in irgendeiner Weise genutzt worden ist. Die über www.boltze.eu abrufbare Nachricht, dass dort bald eine eigene Homepage entsteht, sieht das Schiedsgericht als nicht ausreichende Benutzungshandlung an. Die bloße Ankündigung einer baldigen Nutzung erscheint insbesondere vor dem Hintergrund, dass nichts dazu vorgetragen wurde, wie eine solche Nutzung aussehen soll, als nicht ausreichend.
Die Voraussetzungen des Artikel 21 Abs. 1 b) i. V. m. Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 liegen somit vor.
Da die Beschwerdeführerin neben den Voraussetzungen des Artikels 21 der EU-Verordnung 847/2004 auch die allgemeinen Registrierungsvoraussetzungen nach Artikel 4 der EU-Verordnung Nr. 733/2002 nachgewiesen hat, ordnet die Schiedskommission im Sinne des Artikels 22 Abs. 11 der EU-Verordnung 874/2004 die Übertragung des Domainnamens auf die Beschwerdeführerin an.
a) von einem Domaininhaber registriert wurde, der selbst keinerlei Rechte oder berechtigte Interessen an diesem Domainnamen geltend machen kann, oder
b) in böser Absicht registriert oder benutzt wird.
Aufgrund dieser Vorschrift besteht zunächst die Pflicht der Beschwerdeführerin darzulegen und nachzuweisen, dass die Domain „boltze.eu“ identisch oder verwirrend ähnlich einem Namen ist, für welchen die Beschwerdeführerin anerkannte nationale oder gemeinschaftsrechtliche Rechte geltend machen kann.
Die Beschwerdeführerin trägt unwidersprochen vor, dass diese seit 1964 unter der Geschäftsbezeichnung „Boltze“ im Markt auftritt. Zudem verfügt die Beschwerdeführerin über die EU-Gemeinschaftsmarke „Boltze“, welche beim Harmonisierungsamt als Wortmarke unter der Registernummer 004100905 eingetragen ist.
Der streitgegenständliche Domainname „boltze.eu“ ist daher identisch mit einem für die Beschwerdeführerin geschützten Zeichen, da die Top-Level-Domain „.eu“ bei der Betrachtung der Zeichen Identität außer Acht zu bleiben hat (z. B. Ruby´s Dinner Inc. vs Joseph W. Popow, WIPO-Case Nr. D2001-0868). Die Beschwerdeführerin erfüllt damit die Voraussetzungen nach Artikel 21 Abs. 1 der EU-Verordnung 874/2004.
Zu Artikel 21 Abs. 1 a) EU-Verordnung 874/2004:
Die Beschwerdeführerin kann sich jedoch nicht auf Artikel 21 Abs. 1 a) EU-Verordnung 847/2004 berufen. Der Vortrag der Beschwerdegegnerin erfüllt zwar nicht die nach den ADR-Regeln vorgeschriebenen formellen Erfordernisse und die Beschwerdegegnerin hat trotz entsprechender Hinweise des Schiedsgerichts nicht von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die formellen Mängel ihrer Beschwerdeerwiderung zu beheben. Das Schiedsgericht kann nach Abschnitt B 10 a) der ADR-Regeln die entsprechende Fristversäumnis der Beschwerdegegnerin als Grund werten, die Ansprüche der anderen Partei anzuerkennen.
Zu Gunsten der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin ist jedoch zu berücksichtigen, dass sowohl aus den Registrierungsdaten der Domain, als auch dem von der Beschwerdegegnerin geführten Briefkopf hervorgeht, dass diese den Nachnamen „Boltze“ führt. Bei „Boltze“ handelt es sich also offensichtlich um den nach § 12 BGB geschützten Familiennamen der Beschwerdegegnerin. Obwohl die Beschwerdegegnerin also die formellen Erfordernisse einer ordnungsgemäßen Beschwerdeerwiderung nicht eingehalten hat, ist evident, dass die Beschwerdegegnerin Namensrechte an der Bezeichnung „Boltze“ innehat, so dass die Voraussetzungen des Artikels 21 Abs. 1 a) der EU-Verordnung 874/2004 nicht vorliegen.
Zu Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004
Es liegen aber die Voraussetzungen des Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004 vor. Die Domain wurde am 8. August 2006 registriert. Damit ist die in Artikel 21 Abs. 3 b) ii) vorgesehene 2-Jahres-Frist im August 2008 abgelaufen. Zu der nach Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 entscheidenden Frage, ob der Domainname innerhalb dieses 2-Jahres-Zeitraums ab der Registrierung in einschlägiger Weise genutzt wurde, hat die Beschwerdeführerin durch Vorlage eines Screenshots vorgetragen. Auf diesem Screenshot ist ersichtlich, dass unter www.boltze.eu lediglich folgende Information abrufbar ist:
„Wir sind bald online! Unsere Firma wird hier bald mit einer eigenen Homepage vertreten sein. Haben Sie bitte noch etwas Geduld und schauen später noch einmal vorbei.“
Die Beschwerdegegnerin ist dem nicht entgegengetreten. Selbst wenn man zu Gunsten der nicht anwaltlich vertretenen Beschwerdegegnerin deren formell unzureichenden Vortrag aus dem Schreiben vom 12. November 2008 berücksichtigen würde, ergäbe sich hieraus lediglich, dass die Beschwerdegegnerin sich auf die regelmäßigen Zahlungen der Registrierungsgebühren beruft und vorträgt, dass ein rein privates Interesse an der Domain besteht. Zu irgendeiner Form der Nutzung des Domainnamens hat die Beschwerdegegnerin nichts ausgeführt, so dass das Schiedsgericht den Vortrag der Beschwerdeführerin zugrunde legt, dass unter dem streitgegenständlichen Domainnamen lediglich die Ankündigung eines baldigen Internetauftritts war.
Bereits in frühen WIPO-Verfahren wurde die Nichtnutzung eines Domainnamens für einen Zeitraum von mehr als 2 Jahren als Beweis für das Vorliegen von Bösgläubigkeit angesehen (vgl. Telstra Corp v. Nuclear Marshmallows, D2000-0003 (WIPO Feb. 18, 2000); Mondich & Amer. Vintage Wine Biscuits, Inc. V. Brown, D2000-0004 (WIPO Feb. 16, 2000)). Für den Bereich der .eu-Domains wurde in der Angelegenheit HAUG (ADR-Verfahren Nr.: 05208) entschieden, dass nach Ablauf der zweijährigen Benutzungsschonfrist des Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 von einem Vorliegen der Bösgläubigkeit im Sinne des Artikel 21 Abs. 1 b) EU-Verordnung 874/2004 auszugehen ist.
Auch die Literatur hat sich bereits mit dieser Vorschrift beschäftigt. So sieht Bettinger (Handbuch des Domainrechts, Teil 3 Abschnitt b) Rdnr. 144) als Anwendungsbereich dieser Vorschrift solche Fälle, in denen dem Domaininhaber zwar ein eigenes Recht an dem Domainnamen zusteht, der Domainname jedoch zwei Jahre nach der Registrierung nicht in einschlägiger Weise benutzt wird. Nach Ansicht von Bettinger unterliegen daher auch diejenigen Domainnamen, hinsichtlich derer der Domaininhaber sich auf ein nach nationalem und/oder Gemeinschaftsrecht bestehenden Recht berufen kann, einem nach spätestens zwei Jahren einsetzenden Benutzungszwang. Kipping (Das Recht der .eu-Domains, Rdnr. 160) bezeichnet den Benutzungszwang als „überaus beachtliches Novum“ im Domainrecht. Nach Kipping wird die Blockierungsabsicht einer Domain indiziert, wenn eine Domain mindestens zwei Jahre ab der Registrierung nicht in einschlägiger Weise benutzt wird. Auf die subjektive Absicht des Domaininhabers, die Domain auch tatsächlich blockieren zu wollen, kommt es nach Kipping nicht an.
Auch Schafft (Streitigkeiten über „.eu“-Domains, GRUR 2004, 986) nennen als Beispiel für die Registrierung oder Benutzung einer Domain in böser Absicht den Fall, dass eine Domain auch zwei Jahre nach ihrer Registrierung noch nicht einschlägiger Weise benutzt wird.
Das Schiedsgericht sieht Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 als eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift an. Insbesondere mit Blick darauf, dass dem Domaininhaber vorgeschrieben wird, dass er die von ihm registrierte Domain auch tatsächlich benutzen muss und der Tatsache, dass er diese im Falle der Nichtbenutzung nach zwei Jahren verlieren kann, ist Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 geeignet, unmittelbar in eine durch den Domaininhaber rechtmäßig erworbene Rechtsposition einzugreifen, nämlich die aus dem Registrierungsvertrag entstehenden Rechte an der Nutzung der Domain. Aufgrund dessen sind nach Ansicht des Schiedsgerichts die Voraussetzungen dieser Vorschrift eng auszulegen, was insbesondere in Fällen wie dem vorliegenden gilt, in welchem sich der Domaininhaber auf eigene Namensrechte an dem Domainnamen berufen kann.
Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 ist demnach nicht einschlägig, wenn entweder evident ersichtlich oder entsprechende Anhaltspunkte dafür durch den Domaininhaber vorgetragen sind, dass der Domainname innerhalb des 2-Jahres-Zeitraums ab Registrierung der Domain genutzt worden ist. Dabei setzt die Nutzung einer Domain insbesondere für den hier vorliegenden Fall, dass der Domainname einem Familiennamen entspricht, nicht voraus, dass beispielsweise eine umfangreiche Internetpräsenz unter dem Domainnamen abrufbar ist. Eine Nutzung kann in solchen Fällen beispielsweise auch dann vorliegen, wenn die Domain auch nur für eine äußerst geringfügige inhaltliche Darstellung im Internet genutzt wird oder aber für die Weiterleitung auf eine andere Website, welche sodann den Benutzungskriterien entspricht.
Die Frage, ob welche der verschiedensten denkbaren technischen Nutzungsarten einer Domain (zur Nutzung für E-Mail-Zwecke ablehnend: ADR-Fall Nr. 05208) als ausreichend im Sinne des Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 anzusehen sind, kann aber vorliegend dahingestellt bleiben. Die Beschwerdegegnerin hat keinerlei Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Domain überhaupt in irgendeiner Weise genutzt worden ist. Die über www.boltze.eu abrufbare Nachricht, dass dort bald eine eigene Homepage entsteht, sieht das Schiedsgericht als nicht ausreichende Benutzungshandlung an. Die bloße Ankündigung einer baldigen Nutzung erscheint insbesondere vor dem Hintergrund, dass nichts dazu vorgetragen wurde, wie eine solche Nutzung aussehen soll, als nicht ausreichend.
Die Voraussetzungen des Artikel 21 Abs. 1 b) i. V. m. Artikel 21 Abs. 3 b) ii) EU-Verordnung 874/2004 liegen somit vor.
Da die Beschwerdeführerin neben den Voraussetzungen des Artikels 21 der EU-Verordnung 847/2004 auch die allgemeinen Registrierungsvoraussetzungen nach Artikel 4 der EU-Verordnung Nr. 733/2002 nachgewiesen hat, ordnet die Schiedskommission im Sinne des Artikels 22 Abs. 11 der EU-Verordnung 874/2004 die Übertragung des Domainnamens auf die Beschwerdeführerin an.
Entscheidung
Aus sämtlichen vorgenannten Gründen heraus sowie im Einklang mit § B12 (b) und (c) der Regeln verfügt die Schiedskommission hiermit, daß
der Domainname BOLTZE auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.
der Domainname BOLTZE auf die Beschwerdeführerin übertragen wird.
PANELISTS
Name | Dr. Volker Herrmann |
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Datum der Entscheidung der Schiedskommission
2009-01-26